2. Nachtwächterführung des Heimat- und Kulturvereins
Historisch, amüsant, spannend. Dies alles trifft auf die Nachtwächterführung des Heimat- und Kulturvereines (HuK) anläßlich der 1.250 Jahr-Feier der Gemeinde zu.
Historisch, weil Nachtwächter Franz Dirigo (Dr. Helmut Schmahl) und sein Sohn Jean (Philipp Seidel) die 150 Interessierten mit auf eine Zeitreise der letzten 200 Jahre durch die Ortsstrassen nahmen. Amüsant, weil sie auf dem abendlichen Sparziergang überlieferte Geschichten aus dieser Zeit erzählten und spannend, weil es dabei auch um Mord und Totschlag ging.
So wurde Franz Dirigo am Kopf verletzt, als ihm nachts eine wütende Ehefrau den Nachttopf an die Stirn warf. Oder eine andere vermeintlich betrogene Ehefrau brannte aus Rache mit ihrem eigenen Liebhaber nach Amerika durch. Ebenso ein Mörder, der in der Weedengasse einen unschuldigen Passanten erstach und ebenfalls nach Amerika verschwand. Unterwegs trafen Vater und Sohn sehr zur Freude ihrer Begleiter interessante Personen aus dem Ortsgeschehen.
Am Bürgerhaus öffnete der preußische Husarenoberst Blücher (Dennis Neef) ein Fenster, der von hieraus 1794 gegen die Franzosen zu Felde zog und später als "Marschall Vorwärts" in die Geschichte einging. In diesem heutigen Bürgerhaus hatte er für 3 Monate sein Quartier bezogen. Der französische Besatzungssoldat Sylvain (Carsten Dieterich) stieß dazu, der eine einheimische Maid ehelichte und als Lebensretter einer in der Weed zu ertrinken drohende Wäscherin zum Helden wurde. Schließlich berichtete noch die Magd Marie (Edeltrud Böhm) von ihrem Schicksal in den damaligen unruhigen Zeiten.
Mit Unterstützung durch passende Liedbeiträge des MGV in der Münchgasse wurde die französische Revolution 1789 und ihre Auswirkungen auf das Dorf anschaulich dargestellt.
Ein besonderer Zwischenstopp war dann vor dem Rathaus. Auf dem Balkon wartete Sebastian Walter (Dieter Blüm) auf die Besucher. Er wurde im Jahre 1848 in Ober-Flörsheim geboren und wanderte als junger Mann ebenfalls nach Amerika aus. Dort kam er zu Ruhm und Reichtum als Erfinder und Fabrikant. Seine Grabstätte ist bis heute in Milwaukee erhalten. Am 30. Juni 1901 wurde in seinem Beisein das von ihm gestiftete Kriegerdenkmal auf dem nach ihm benannten Walterplatz vor dem Rathaus eingeweiht.
Mit dieser Begegnung fand ein fast 2-stündiger Rundgang mit einem gemütlichen Beisammensein in der Blücherhalle seinen Abschluss. Wie HuK-Vorsitzender Dr. Schmahl als der Initiator dieser Veranstaltung mitteilte, wolle man Vorfreude auf den Jubiläumsfestakt am 3. November bewirken, bei dem dieses historische Rollenspiel seine Fortsetzung finden wird.
Text: Wilhelm Gerlach